[Institut für Biomedizinische Technik und Medizinische Informatik]
[Molecular and Cellular-Bioengineering]
[Biomechanik und Medizinische Physik]
[Biophysik]Das Institut für Biomedizinische Technik wurde 1971 als gemeinsames Institut der Universität und der ETH Zürich gegründet. Es hat ein starkes Wachstum hinter sich und verfügt heute über drei Professuren und rund 50 wissenschaftliche Mitarbeiter. Vielfältige Fragestellungen behandeln drei Fachgruppen: Biomechanik und Medizinische Physik, Biophysik sowie Molecular and Cellular Bioengineering.
VON PETER BÖSIGER
Die Biomedizinische Technik ist ein relativ junges Fachgebiet, das sich mit der Anwendung natur- und ingenieurwissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden auf lebende Systeme befasst. In der medizinischen Forschung geht es um grundlegende Untersuchungen zum Verständnis von normalen und gestörten Funktionen des menschlichen Körpers; in der klinischen Medizin um die Entwicklung von naturwissenschafts- und technikbasierten Verfahren, die man zur Früherkennung, Diagnose, Therapie und Rehabilitation am Patienten einsetzt.
Oft denkt man bei der Biomedizinischen Technik an medizinische Geräte aller Art, seien es EKG-Monitoren, Ultraschall-Bildgeräte, Respiratoren oder grosstechnologische Geräte wie Röntgen- und Magnetresonanz-Tomographen, Strahlentherapie-Geräte oder Nierensteinzertrümmerer. In der Tat bilden Entwicklung, Bau und Erprobung derartiger Geräte ein Teilgebiet der Biomedizinischen Technik, das oft als Medizintechnik bezeichnet wird. Die Biomedizinische Technik ist aber im umfassenden Sinne des Biomedical Engineering zu verstehen und beschreibt ein multidisziplinäres Fachgebiet, in dem sich sämtliche Disziplinen der Medizin mit vielen Fachbereichen der Natur- und Ingenieurwissenschaften berühren und überschneiden.
Das Ziel der Bemühungen der Biomedizinischen Technik besteht in der Erweiterung der Kenntnisse und Möglichkeiten der Medizin, sei es der Grundlagenmedizin oder der klinischen Medizin, durch Einbringen und Nutzen von Erkenntnissen der Natur- und Ingenieurwissenschaften. Die Biomedizinische Technik liefert damit wesentliche Impulse sowohl basiswissenschaftlicher als auch klinisch praktischer Art für die medizinische Forschung, für die Krankenversorgung, für das Gesundheitswesen ganz allgemein und für die Biowissenschaften.
Als Beispiele von Fachgebieten der Biomedizinischen Technik seien exemplarisch die bildgebenden Verfahren, Biomaterialien, Biomechanik, Modelle und Simulationen, funktionelle Stimulation, Intensivmedizin und Patientenüberwachung, Laseranwendungen, Orthopädie und Prothetik, künstliche Organe, Physiologie und Pathophysiologie und Gentechniken genannt.
Bei der Wahl der Forschungsprojekte wird von aktuellen Problemstellungen der medizinischen Forschung oder Klinik ausgegangen. Die Bearbeitung der Projekte erfolgt durch interdisziplinäre Teams zumeist der natur- oder ingenieurwissenschaftlichen Doktoranden der Universität oder der ETH zusammen mit medizinischen Partnern des Universitätsspitals. Das Lehrprogramm umfasst interdisziplinäre Vorlesungszyklen, Übungen und Praktika zur Einführung in die Gebiete der Biomedizinischen Technik, der Biomechanik und der Medizinischen Physik. Daneben werden zurzeit Spezialvorlesungen über Magnetresonanz-Tomographie, Medizinische Optik, Lasertechnik und Biomedizinische Computeranwendungen gehalten. Diese Lehrveranstaltungen werden hauptsächlich von Elektro- und Maschineningenieuren, Physikern und Biologen im Diplomstudium der ETH besucht; sie stehen aber auch Medizinern bei ihrer Promotions- oder Postdoc-Ausbildung oder generell zur Weiterbildung offen. Das Lehrangebot umfasst auch ein zweijähriges, berufsbegleitendes Nachdiplom-Studium in Medizinischer Physik.
Die Fachgruppe entwickelt Biomaterialien für kardiovaskuläre Implantate und
Wundheilung, zur Regeneration von Nerven, zur Heilung von Weichgewebe nach chirurgischen
Eingriffen, für zellbasierte Therapien und zur kontrollierten Abgabe von Proteinen und
Genen auf der Basis der Polymerchemie und der Zellbiologie. Gegenwärtige Entwicklungen
zielen darauf ab, die Erkennung von biologischen und synthetischen Polymeren durch den
Körper zu kontrollieren. Dies kann auf zwei Wegen erfolgen: Entweder werden die neuen
Polymere so aufgebaut, dass sie obwohl vollständig synthetisch aufgrund
biologischer Mechanismen des Körpers erkannt werden, oder dann werden die Mechanismen,
über welche die Zellen und das Gewebe beispielsweise bei der Heilung von Wunden
miteinander kommunizieren, verändert. Als spezifische Beispiele seien kürzlich
entstandene Polymere erwähnt, welche die Blutkoagulation und die Narbenbildung in den
Koronararterien nach Ballonkatheter-Dilatation oder das unerwünschte Zusammenwachsen von
Organen infolge Vernarbung nach chirurgischen Eingriffen an Bauch- und Beckenorganen
verhindern. Im weiteren werden biokompatible oder bioähnliche Werkstoffe zur
Verabreichung von Medikamenten in die Koronararterien (untenstehendes Bild) oder von Genen
in spezifische Kompartimente von Zellen zur Steigerung der Effizienz von Gentherapien
entwickelt.
(Prof. J. Hubbell)
Arterie einer Ratte, in welche Polymere für die Abgabe
von Medikamenten zur Vermeidung einer Restenosierung nach einer Ballonkatheter-Dilatation
eingebaut wurden. Die gelbe Schicht ist die Arterienwand; die grüne Schicht besteht aus
dem Polymer-Gel, welches das Medikament enthält, und die rote Schicht aus einem zweiten
Polymer mit geringerer Permeabilität, durch die das Medikament leicht zur Arterienwand
diffundiert (Bild J. Hubbell)
Berechnung des Kontraktionsvorganges des Herzmuskels auf der Basis von
Magnetresonanzimaging-Messungen; Untersuchung von Konvektion und Diffusion von
Nährstoffen und Metaboliten in Knochen mit Hilfe von FE-Modellen und Experimenten an
Schafen; Zellanalyse und -sortierung; Traumabiomechanik: äussere und innere Sicherheit
von Klein- und Leichtfahrzeugen (untenstehendes Bild); Mechanik der Halswirbelsäule.
Entwicklung hochauflösender Endoskopie; Echtfarbenfernsehen mit hoher räumlicher und
spektraler Auflösung. Untersuchung der Knochenarchitektur und Knochendichte mit Hilfe von
3D-Computertomographie; Modellierung der Knochenumbauprozesse bei Osteoporosen und
Arthrosen; Finite Elemente-Analyse ganzer Knochenbereiche zur Frakturprädiktion und
Objektivierung des Therapieerfolges; zerstörungsfreie Strukturanalyse von Knochenproben
und von Spongiosaimplantaten aus Polymerschäumen. Qualitätssicherung bei der
Radioimmuntherapie. 2D- und 3D-Ultraschall-Echographie und Doppleranalyse im
Echtzeitverfahren; Messung der Gewebeperfusion mittels Ultraschall; räumliches Erfassen
und Erkennen von subzellulären Strukturen und komplexen Zellverbänden in der
Tumorfrüherkennung resp. in der photodynamischen Therapie mittels hochauflösender
konfokaler Fluoreszenzmikroskopie.
(Proff. P. Niederer, P. Rüegsegger, F. Walz)
Kleine und leichte Fahrzeuge sind in Kollisionen mit
schwereren Gegnern aus physikalischen Gründen benachteiligt. Um diese Nachteile
auszugleichen, müssen sowohl Struktur als auch Rückhaltesysteme von leichten Fahrzeugen
an die erschwerten Bedingungen angepasst werden. Dazu wurden neben den üblichen
Crashtests auch intensive Computersimulationen durchgeführt. Das Bild zeigt die
Simulation eines Leichtfahrzeug-Fahrers zum Zeitpunkt 30 ms nach Beginn der Kollision.
Entwicklung von neuen schnellen sowie räumlich und zeitlich hochauflösenden
bildgebenden und spektroskopischen Magnetresonanzmessverfahren zur Erfassung von
Funktionen von Organen des menschlichen Körpers sowie deren Anwendungen in medizinischen
Forschungsprojekten und in der Klinik: Darstellung von Gefässen des Gehirns und des
Herzens; Messung des Blutflusses in komplexen Gefässstrukturen sowie in natürlichen und
künstlichen Herzklappen; Erfassung der Gewebeperfusion im Gehirn und im Herzen; Analyse
der Herzbewegung und der Bewegung von Myokardfaserschichten mittels Magnetic Resonance
Myocardial Tagging; Untersuchung der Nahrungsverarbeitung im Magen und der
Magenmotilität; Erfassung und Visualisierung von Funktionen des menschlichen Gehirns,
welche durch äussere Reize stimuliert werden (untenstehendes Bild); Untersuchungen von
Stoffwechselvorgängen des Gehirns gesunder Probanden und Dokumentation und Interpretation
von Abweichungen bei Patienten mit Epilepsie und Schizophrenie.
(Prof. P. Bösiger)
Transversales Magnetresonanzschichtbild des Gehirns eines
gesunden Probanden: Rot markiert sind die durch die motorische Stimulation der rechten
Hand aktivierten Regionen der linken Hirnhälfte (rechts im Bild). Diese Regionen werden
wegen der erhöhten Durchblutung des Gewebes und der Veränderung des Sauerstoffgehaltes
im Blut sichtbar (Bild X. Golay).
Das Institut für Biomedizinische Technik und Medizinische Informatik ist ein gemeinsames Institut der Universität Zürich und der ETHZ. Die Finanzierung erfolgt etwa hälftig durch die Universität und die ETH; zur Finanzierung der Mitarbeiterstellen werden erhebliche Drittmittel aus Projekten eingesetzt, welche entweder als gemeinsame Projekte mit Kliniken des Universitätsspitals Zürich oder in enger Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Hochschul- und mit Industriepartnern durchgeführt werden. Akademisches Personal: drei Professoren; zwei Titularprofessoren; vier Oberassistenten; sechs wissenschaftliche Mitarbeiter, 36 Assistenten/Doktoranden.
Dr. Peter Bösiger ist ordentlicher Professor am Institut für Biomedizinische Technik und Medizinische Informatik der ETH und der Universität Zürich.
unipressedienst
Pressestelle der Universität Zürich
Nicolas Jene (upd@zuv.unizh.ch)
Last update: 09.01.98