«Nativer» Polymerschaum aus DegraPol®. |
Histologischer Schnitt nach acht Wochen mit beginnender Bildung von Knochenstruktur. |
Färbung des Ausschnittes von Bild 2 zeigt weitgehenden Abbau des Polymers. |
Der Anwendungsbereich von Kunststoffen (Polymere) in der Medizin als Implantat ist durch den stetig wachsenden Bedarf an Geweben und Organen in den vergangenen Jahrzehnten enorm gewachsen. Die heute zur Verfügung stehende Palette von kommerziellen, biomedizinisch anwendbaren Polymeren, insbesondere von resorbierbaren Materialien, ist klein und kann die vielfältigen Anforderungen der Zukunft keinesfalls erfüllen.
Neuartige, abbaubare Kunststoffe (Polyesterurethane, DegraPol®) wurden in der Gruppe für Makromolekulare Chemie am Institut für Polymere der ETHZ in Zusammenarbeit mit der Forschungsabteilung für Chirurgie am Universitätsspital Zürich entwickelt. Durch die breiten chemischen Variationsmöglichkeiten in der Struktur der Polymere lassen sich die Materialeigenschaften dieser neuen Polymere in einem weiten Bereich gezielt beeinflussen. Durch die Veränderung der chemischen Zusammensetzung der Polymere lässt sich die Abbaugeschwindigkeit regulieren. Somit eröffnen sich diesen natürlich abbaubaren Polymeren zahlreiche medizinische Einsatzmöglichkeiten, wie zum Beispiel Knochen- und Knorpelersatz, «controlled drug release»-Systeme und vieles mehr.
Alle Biomaterialien, in besonderem Masse aber Materialien für chirurgische Implantate, die in direktem oder indirektem Kontakt mit lebendem Gewebe oder Körperflüssigkeiten stehen, dürfen in keiner Weise den Organismus schädigen, mit dem sie in Kontakt stehen. Neben der für die medizinische Anwendung ausschlaggebenden Untersuchung der Biokompatibilität (Zell- und Gewebe-Verträglichkeit) wurde auch untersucht, ob und wie weit sich spezifische Zellen auf der schaumartigen Struktur des Polymers wohl fühlen und vermehren. Dies geschah zunächst in Zellkulturen (in vitro) und zeigte sowohl eine ausgezeichnete Zellverträglichkeit als auch ein Haften der Zellen auf und ein Einwachsen derselben in die Polymerstruktur mit Zellvermehrung unter Beibehaltung ihrer spezifischen Funktionen. Diese Untersuchungen wurden an Knorpel-, Knochen- und Sehnenzellen durchgeführt und ergaben durchwegs sehr ermutigende Resultate. Von der Zellkultur zur Einpflanzung in einen lebenden Organismus ist es naturgemäss ein gewaltiger, aber ausschlaggebender Sprung. Unsere Versuchsreihen mit körpereigenen Zellen, um den Einfluss der Immunabwehr auszuschalten, ergaben, dass am Beispiel der Knochenzellen nach acht Wochen praktisch das gesamte Polymergerüst abgebaut und ein Knochengrundgerüst entstanden war. Dabei wurden die Knochenzellen tragenden Polymerstrukturen unter die Haut der Versuchstiere eingepflanzt. Ähnliche Versuche mit Fettzellen ergaben, dass diese im Polymer überleben und sich vermehren. All dies macht unser kleines Team sehr zuversichtlich in der Überzeugung, dass das Polymer, dank seiner chemischen Flexibilität, den Bedürfnissen spezifischer Zellen angepasst, ein vielversprechendes Substrat für die Züchtung von Geweben und letztlich Organen darstellt.
Eine zweite, interdisziplinäre Forschungsrichtung beschäftigt sich mit der Herstellung eines, gleichfalls abbaubaren, röntgendichten Polymers, das bei der Behandlung vaskularisierter Parechnymtumoren, von Gefässmissbildungen, Krampfadern und möglicherweise in der Familienplanung eingesetzt werden könnte. Entsprechende Multizenter- Untersuchungen, bei denen das Polymer zusätzlich noch als Träger von Medikamenten dient, die im behandelten Gewebe abgegeben werden (Chemoembolisation), zeigen sehr positive Ansätze.
Das Team: Dr. Peter Neuenschwander und Professor Ulrich W. Suter, Abteilung für Makromolekulare Chemie am Institut für Polymere der ETH, Dr. Baschar Saad, ETH und Universität, und PD Dr. Georg K. Uhlschmid, Departement Forschung Chirurgie des Universitätsspitals Zürich und dem Departement Werkstoffe der ETH.
unipressedienst
Pressestelle der Universität Zürich
Nicolas Jene (upd@zuv.unizh.ch)
Last update: 09.01.98