Die prekären finanziellen Verhältnisse fordern auch die Universitäten bei der Finanzierung ihrer Ressourcen heraus. Dabei bietet sich das Sponsoring durch die Privatwirtschaft an. Der Autor gibt zu bedenken, dass etwa bei der Finanzierung neuer Lehrstühle die Lehr- und Forschungsfreiheit durch Forderungen der Geldgeber tangiert werden könnte. Künftig werden seiner Meinung nach vermehrt Sponsormittel fliessen, wenn sinnvolle Forschungsprojekte vorliegen, die der Bearbeitung durch die Universität harren. In allen Fällen muss der Sponsor jedoch einen erkennbaren Nutzen aus seiner ffentlichkeitsarbeit erwarten können.
VON ERNST KILGUS
Schon seit vielen Jahren stellen führende Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft immer wieder fest, die Schweiz werde im immer härter werdenden globalisierten und liberalisierten Wettbewerb nur dann überleben, wenn sie in Lehre und Forschung Weltspitze darstelle. Vor dem Hintergrund immenser Strukturprobleme und einer unbefriedigenden Konjunkturlage mit Kurzarbeit, Betriebsschliessungen und Entlassungen wird von den Universitäten gefordert, alles zu unternehmen, um mit den weltweit führenden Hochschulen Schritt halten zu können. Der Früherkennung und Entwicklung besonders begabter Führungskräfte und Wissenschafter sei grösste Aufmerksamkeit zu widmen.
Parallel zu den vorhin angesprochenen Strukturveränderungen und zum Konjunktureinbruch hat sich seit Beginn der 90er Jahre die Finanzlage von Bund, Kantonen und Gemeinden drastisch verschlechtert. Die Ausgabenüberschüsse in den jährlichen Finanzrechnungen fördern in der bekannten Weise die Verschuldung deröffentlichen Haushalte. So hat die Staatsverschuldung des Bundes 45 Prozent des Bruttoinlandproduktes erreicht.
Der Kanton Zürich, der für unsere Universität zuständig ist, budgetiert für 1997 einen Ausgabenüberschuss von 260 Millionen Franken. Bereits berücksichtigt sind dabei die Besoldungskürzungen für das Staatspersonal von 88 Millionen Franken. Der Regierungsrat ist willens, das für 1998 errechnete Defizit von 300 Millionen Franken zum Verschwinden zu bringen, indem 100 Millionen Franken beim Sachaufwand und 200 Millionen Franken durch staatlichen Leistungs- und Aufgabenabbau eingespart werden sollen. Ohne rigorose Sparmassnahmen wird für das Jahr 2002 ein Fehlbetrag von 500 Millionen Franken erwartet. Das Parlament will 1997 Initiativen ergreifen, um neue Arbeitsplätze zu schaffen und die Verlegung von Steuerdomizilen in andere Kantone zu verhindern.
Anschluss an Spitzenuniversitäten
Versucht man als aufmerksamer Beobachter der Szene, aus der Entwicklung der Staatsfinanzen Konsequenzen zu ziehen, wird die ganze Problematik des modernen Sozialstaates, der Sozialwerke und so auch der Schulen aller Stufen Universitäten, Fachhochschulen usw. ersichtlich. In Bedrängnis geraten zusätzlich die Investitionen für Forschung und Entwicklung in allen akademischen Bereichen. Weil ich seit 1967 der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät zugehöre, werde ich bei meinen Darlegungen sinnvollerweise von Fakten und Erfahrungen bei den konomen ausgehen. Im Kontakt mit anderen Fakultäten ist aber deutlich geworden, dass die Problemeähnlich liegen und die Finanzbedürfnisse bei den Wirtschaftswissenschaften und der Medizin als relativ bescheiden bezeichnet werden dürfen.
Gefordert ist also bei prekären finanziellen Verhältnissen, den Anschluss an die Spitzenuniversitäten dieser Welt zu suchen. Natürlich kann man sich fragen, ob denn die Ausstattung mit personellen und finanziellen Mitteln so entscheidend sei. Genial müsse man sein; denn das Genie setze sich immer durch. Sprüche dieser Art sind sattsam bekannt. Bekannt ist aber auch, dass Fortschritte in Lehre und Forschung kontinuierliche, harte Arbeit bedingen und ein Mehr an Ressourcen das Leistungspotential steigert.
Universitäten New York und Zürich im Vergleich
Ein Vergleich zur Verdeutlichung: Am Institut für schweizerisches Bankwesen, dem ich vorstehe, sind derzeit zwei Ordinarien, eine Extraordinaria und zwei Assistenzprofessoren sowie 7 bis 8 vom Staate besoldete Assistenten beschäftigt. Sie haben im Verbund zwei «klassische» betriebswirtschaftliche Bereiche, das «Banking» und das «Corporate Finance» abzudecken.
Die Stern School of Business der weltbekannten New York University sei hier deshalb als Beispiel angeführt, weil sie, mitten in Manhatten gelegen, für den dortigen Finanzplatz ziemlichähnliche Aufgaben zu erfüllen hat wie unser Institut für den Finanzplatz Zürich. In New York teilen sich derzeit 44 Professoren in die beiden gleichen Arbeitsgebiete. Während das Zürcher Institutüber einen jährlichen Betriebskredit von 70 000 Franken verfügt, arbeitet New York mit einem Millionenbudget. Zugegeben: Vergleiche dieser Art sind angesichts der unterschiedlichen Grössenverhältnisse immer problematisch, die Unterschiede aber doch eklatant. Wesentlich ist dabei auch, dass der Finanzplatz New York «seine» Universitätüber Aufträge und ein Sponsoring-Programm massgeblich finanziert.
Das führt zu einigen grundsätzlichen Überlegungen: Einsparungen auf der Kostenseite sind heute kaum mehr möglich. Wenn man bedenkt, dass das Jahressalär eines Assistenten höher ist als der Betriebskredit, so lassen sich nurüber den Personalabbau spürbare Kostenreduktionen erreichen. Verfährt man indessen so, wäre das Institut von der Erfüllung gewisser Aufgaben zu entbinden.
Manche propagieren, nicht Kosten senken zu wollen, sondern die Einnahmenüber Informations- und Arbeitstagungen und insbesondereüber die Gutachtertätigkeit zugunsten Dritter zu erhöhen. Wir pflegen eine solche Aktivität im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten und haben im Verlauf der Jahre auch einen speziellen Fonds aufgebaut, der dem Institut für Forschungsprojekte zur Verfügung steht. Angesichts der fachlichen Kompetenz der meisten Mandate wird aber auch die Begrenztheit des eigenen Mitteleinsatzes deutlich. Denn bei derzeitüber 2500 immatrikulierten konomie-Studierenden muss die Lehre bei der Einsatzplanung Priorität geniessen.
Sponsoring durch Privatwirtschaft
Diese Darlegungen verdeutlichen, weshalb sich heute Institut, Fakultät und Rektorat darum bemühen, ein Sponsoring durch die Privatwirtschaft in unserem Falle vor allem durch die Banken und Versicherungsgesellschaften zu erwirken. Zu diesem Zweck haben Erziehungsdirektion und Rektorat das Gespräch mit der Praxis gesucht und Verhandlungen eingeleitet, wobei die Erfolgschancen derzeit schwer abschätzbar sind.
Auch heute vertreten einzelne Unternehmer die Auffassung, dass sieüber die jährlichen Steuerzahlungen ihre Verpflichtungen gegenüber der ffentlichkeit ausreichend erfüllen. Bei der Finanzierung zusätzlicher Lehrstühle, eine Form des Sponsorings, welche im Ausland sehr gepflegt wird, lassen sich Bedenken erkennen, die akademische Lehr- und Forschungsfreiheit könnte durch Forderungen der Geldgeber negativ tangiert werden. Unverfänglicher scheint die Fremdfinanzierung von Assistentenstellen zu sein, auch weil sie im Gegensatz zu den Professuren zeitlich auf etwa drei bis fünf Jahre begrenzt werden kann. Aus der Sicht eines Institutsleiters sind natürlich auch alle Formen der Zuwendungen für den Betrieb und die Ausstattung mit Einschluss der Bibliotheken willkommen.
Weil der Sponsor meist einen erkennbaren Nutzen aus seiner ffentlichkeitsarbeit erwartet, sind finanzielle Beiträge an relativ «still» arbeitende Universitätsinstitute und auch Fakultäten weniger publikumswirksam als die Teilfinanzierung von Sportveranstaltungen oder Institutionen der Kunstszene. Bandenwerbung im Hörsaal steht wohl, so hoffe ich, nicht zur Diskussion. So oder so verlangt eine jede Art von Sponsoring klare rechtliche Regelungen und innerhalb der Universität einen «technischen Apparat», der für das Verhältnis zum Sponsor zuständig ist.
Meine langjährigen Erfahrung im Kontakt mit Sponsoren auf Institutsebene Assistentenstellen, Betriebsmittel und Bibliotheksbeiträge haben gezeigt, dass es falsch wäre, von einer «Macht» der Geldgeber zu sprechen. Im Gegenteil: Viele Mittel sind auf reiner Vertrauensbasis zugeflossen. Auch wurde nie versucht, im Rahmen der Beratungs- und Gutachtertätigkeit eine objektive Darstellung der Verhältnisse zu verhindern oder gar Gefälligkeitsgutachten zu erwirken. Beide Seiten würden sich mit solchen Machenschaften langfristig selbst erledigen. Leistung aber der Universität und ihrer Professoren und Mitarbeiter ist gefordert.
Sponsormittel werden meines Erachtens fliessen, wenn sinnvolle Projekte vorliegen, die der Bearbeitung durch die Universität harren. Sie sollen erfolgversprechend sein und im Sinne des universitären Auftrages Nutzen stiften. Zuverlässigkeit, Sachkenntnis und Fleiss seitens der Begünstigten sind gefragt und werden vom Sponsor erwartet.
Neue Formen des Sponsorings
Weil gerade die Banken gleichzeitig von allen universitären Kreisen um Beiträge angegangen werden, ist schliesslich auch zuüberlegen, ob nicht neue Formen des Sponsorings zugunsten der Hochschulen zu suchen wären. Ich denke an die Bildung eines Mittelfonds, der denähnlich gelagerten Universitätsinstituten nach einem festzulegenden Verteilungsschlüssel gemeinsam zur Verfügung stünde. Die Voraussetzungen für eine solche Initiative scheinen mir heute immer stärker gegeben zu sein, da sich in Anbetracht der permanenten Finanznöte in allen Kantonen eine arbeitsteilige Kooperation zwischen den verschiedenen Hochschulen ohnehin aufdrängt. Eine vor wenigen Wochen unterzeichnete Zusammenarbeitserklärung zwischen den Bankinstituten der Universitäten St. Gallen und Zürich, der Gespräche auf Rektoratsebene vorausgegangen sind, ist unter Beachtung der rein wissenschaftlichen Synergieeffekte auch unter diesem Sponsoringaspekt zu sehen.
Die Zeiten sind wohl endgültig vorbei, wo eine jede Universität versucht, in einer immer breiter werdenden wissenschaftlichen Welt jede Aufgabe im Alleingang zu verwirklichen.
Dr. Ernst Kilgus ist ordentlicher Professor am Institut für schweizerisches Bankwesen der Universität Zürich.
unipressedienst Pressestelle der Universität Zürich
Nicolas Jene (upd@zuv.unizh.ch)
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Last update:
09.07.97